Schloss Benrath (QR-Code am Gebäude noch nicht vorhanden)

Theodor Fontane (1819-1889) diente die Geschichte der von 1881 bis 1884 im Schloss Benrath wohnenden Freifrau Elisabeth von Ardenne (1853-1952) als Vorlage für seinen 1896 erschienenen Roman „Effi Briest“. In ihrer Zeit in Düsseldorf begann Elisabeth eine Beziehung mit Emil Hartwich, der dem Düsseldorfer Künstlerverein „Malkasten“ angehörte. In einem Pistolenduell, zu dem ihn Elisabeths Ehemann, der preußische Kavallerieoffizier Armand Léon von Ardenne, aufgefordert hatte,  wurde Hartwich 1886 tödlich verletzt.

Schrift

Stelle

Anhören:

Theodor Fontane, Effi Briest

Eine Woche später saßen Mutter und Tochter wieder am alten Fleck, auch wieder mit ihrer Arbeit beschäftigt. Es war ein wunderschöner Tag; der in einem zierlichen Beet um die Sonnenuhr herumstehende Heliotrop blühte noch, und die leise Brise, die ging, trug den Duft davon zu ihnen herüber.

„Ach, wie wohl ich mich fühle“, sagte Effi, „so wohl und so glücklich; ich kann mir den Himmel nicht schöner denken. Und am Ende, wer weiß, ob sie im Himmel so wundervollen Heliotrop haben.“

„Aber Effi, so darfst du nicht sprechen; das hast du von deinem Vater, dem nichts heilig ist, und der neulich sogar sagte: Niemeyer sähe aus wie Lot. Unerhört. Und was soll es nur heißen? Erstlich weiß er nicht, wie Lot ausgesehen hat, und zweites ist es eine grenzenlose Rücksichtslosigkeit gegen Hulda. Ein Glück, dass Niemeyer nur die einzige Tochter hat, dadurch fällt es eigentlich in sich zusammen. In einem freilich hat er nur zu sehr Recht gehabt, in all und jedem, was er über ‚Lots Frau‘, unsere gute Frau Pastorin, sagte, die uns denn auch wirklich wieder mit ihrer Torheit und Anmaßung den ganzen Sedantag ruinierte. Wobei mir übrigens einfällt, dass wir, als Jahnke mit der Schule vorbeikam, in unserem Gespräche unterbrochen wurden  wenigstens kann ich mir nicht denken, dass der Pelz, von dem du damals sprachst, dein einziger Wunsch gewesen sein sollte. Lass mich als wissen, Schatz, was du noch weiter auf dem Herzen hast?“

„Nichts, Mama.“

„Wirklich nichts?“

„Nein, wirklich nichts; ganz im Ernste...Wenn es aber doch am Ende was sein sollte...“

„Nun...“

„...So müsst es ein japanischer Bettschirm sein, schwarz und goldene Vögel darauf, alle mit einem langen Kranichschnabel...Und dann vielleicht auch noch eine Ampel für unser Schlafzimmer, mit rotem Schein.“

Frau von Briest schwieg.

„Nun, siehst du, Mama, du schweigst und siehst aus, als ob ich etwas besonders Unpassendes gesagt hätte.“

„Nein, Effi, nichts Unpassendes. Und vor deiner Mutter nun schon gewiss nicht. Denn ich kenne dich ja. Du bist eine fantastische kleine Person, malst dir mit Vorliebe Zukunftsbilder aus, und je farbenreicher sie sind, desto schöner und begehrlicher erscheinen sie dir. Ich sah das so recht, als wir die Reisesachen kauften. Und nun denkst du dir’s ganz wundervoll, einen Bettschirm mit allerhand fabelhaftem Getier zu haben, alles im Halblicht einer roten Ampel. Es kommt dir vor wie ein Märchen, und du möchtest eine Prinzessin sein.“

Effi nahm die Hand der Mama und küsste sie. „Ja, Mama, so bin ich.“

 

Theodor Fontane: Effi Briest. Insel Verlag, Frankfurt a. M. 2008, S. 36-37