Theatermuseum Düsseldorf

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Dumont, Louise. Vermächtnis. Reden und Schriften. Kiepenheuer & Witsch, Köln, 1957. S. 88-89.

Als wir nach Düsseldorf kamen, war uns die Reformarbeit Immermanns zwar wohl bekannt; aber als wir begannen, uns nach dieser ruhmreichen leider allzu kurzen Bühnen-Ära des Dichters und Theatermannes umzutun, stellte sich heraus, daß es kaum Dokumente gab, die von seiner Tätigkeit zeugte; sie waren nicht gesammelt, geschweige denn gesichtet. Das gab mir zu denken, und weil nun einmal die Fülle der Dokumente, die von unserer Arbeit sprechen konnten, noch vorhanden war – auf dem Bodenraum des Schauspielhauses – lag es nahe, diese Dinge jetzt durchzusehen, zu ordnen und der Theaterwissenschaft zu erhalten. Wer das Theater mit jenem unsterblichen Shakespeare-Wort als und abgekürzte Chronik des Zeitalters begreift, wird in unserer in den Beständen des Archivs gespiegelten Arbeit die Epoche zwischen 1904 und 1932 getreu wiederfinden, den Glanz des zweiten Kaiserreiches, unter dessen Boden es schon brodelte; den ersten Weltkrieg mit dem kurzen Aufschwung und dem jähen Versinken; die Jahre, in denen der geduldige Mensch auf eine langsame, gesunde Erholung Deutschlands hoffen durfte, sodann das Vordringen derer, die keine Geduld hatten. Aber neben, unter und über dem politischen Treiben, das nur eine Seite des Lebens sein kann, ging das geistige Leben seine eigenen Wege.

Wir öffneten von Anbeginn in unserem Spielplan die Fenster zur Welt, darin einer Tradition folgend, die, um das soviel mißbrauchte Wort anzuwenden, deutsch war; das Erbe nicht nur der um Goethe blühenden Klassik, das Erbe auch schon jener Blütezeit unserer mittelalterlichen Epik. Wie auch der Existenzkampf des Düsseldorfer Schauspielhauses mit seinem auf und ab gerade stand, wir hielten die Fenster offen und sind dadurch oft mißverstanden worden, gut- und böswillig. Wie recht wir behalten haben, zeigte die Entwicklung von dem Augenblick an, in dem unsere Arbeit mattgesetzt war, nämlich seit 1933. Was dann geschah, konnte nur geschehen, weil die Deutschen das Ausland nicht kannten, alles Unheil entsprang der Überbewertung des eigenen, der Unterbewertung des fremden Wesens, und sie hätten nicht eintreten können, wenn die Sprache verstanden worden wäre, die hier von der Rampe gesprochen wurde. Hätte man das Ausland gekannt, so wie unser Spielplan es vermitteln wollte, es hätte nicht so weit kommen können, wie es in Verleugnung der besten Traditionen leider gekommen ist. Ich möchte nicht mißverstanden werden; wir haben, wie die Aufführungszahlen beweisen, das deutsche Erbe nicht minder gewissenhaft gepflegt. Aber weil wir eine Privatbühne waren, konnten wir unabhängig von den Theaterkommissionen uns den Experimenten zuwenden und das gute nehmen, wo wir es zu sehen glaubten.

(...)

Auch dieses Archiv hat schon seine Geschichte. In den Jahren der Diktatur hat es einen schweren Kampf darum gegeben, seinen Bestand unverfälscht zu erhalten. Nun, es hat sich so gefügt, daß ich dieses Archiv so, wie es angelegt war, der Stadt Düsseldorf zu treuen Händen übergeben kann. Ich tue es mit dem Wunsch, daß es ein Mittelpunkt für die werde, die des Geistes von Louise Dumont einen Hauch verspürt haben. Ich schließe mit einem Wort meiner Lebensgefährtin:

Ich hoffe und glaube, daß ich nicht zur Untätigkeit verdammt sein werde. Ich hoffe so stark, daß ich auch noch wachen darf über alles, was hier auf Erden wachsen muß und wachsen soll. Ich wäre so gerne Fürbitterin für die junge Generation, die so schwere geistige Entscheidungen zu treffen hat.

Theatermuseum Düsseldorf

Das Theatermuseum Düsseldorf ist untergebracht im so genannten Hofgärtnerhaus im historischen Hofgarten in unmittelbarer Nähe des Düsseldorfer Schauspielhauses und der Deutschen Oper am Rhein. Es besteht heute aus den Bereichen Museum, Archiv und Bibliothek mit einem starken zusätzlichen Schwerpunkt im Veranstaltungsbereich. Die in den Jahren 1904 bis 1933 von Louise Dumont und Gustav Lindemann gesammelten Bestände der Theaterarbeit am Schauspielhaus Düsseldorf sind fester Bestandteil des 1938 gegründeten privaten „Dumont-Lindemann-Archivs“. 1947 ging durch die Stiftung von Gustav Lindemann das Archiv in den Besitz der Stadt Düsseldorf über. Ein regelmäßiger Ausstellungsbetrieb begann 1978. In jährlichen Sonderausstellungen und der Dauerausstellung „Museum für Zuschauerkunst“ wird in enger Verknüpfung von Gegenwart und Vergangenheit Theater anschaulich gemacht. Die Ausstellung des Theatermuseum wird durch die Skulpturen im Hofgarten erweitert: Auf dem Weg zum gegenüberliegenden Schauspielhaus kommen die Besucher vorbei an dem weißen Denkmal für den großen Theatermann Gustav Gründgens, das Peter Rübsam geschaffen hat; kurz vor dem Opernhaus passiert man das Grabbe-Denkmal von Walter Steufen, Kurt Räder und Bernd Bodechtel. Am Goltsteinparterre steht würdevoll und streng blickend Leberecht Immermann, gestaltet von Clemens Buscher.